Mit dem Wohnmobil fuhren wir auf der Via de la Plata von Sevilla aus in Richtung Norden, mitten durch das Inland. Ein Besuch bei Ernestine, einer ehemaligen Abi 80-Kollegin von Monika, war schon vorher geplant. Aus einem angedachten Zwischenstopp wurden letztendlich 9 Tage Aufenthalt. Komplett auf dem Lande, abseits jeglicher Touristenströme, erlebten wir das Leben auf einer großen Finca mit allen Freuden und Nöten.
Die ökologische Finca liegt etwa 80 km nördlich von Sevilla und einige Kilometer südlich von Santa Olalla del Cala. Die Finca San Francisco von Ernestine und Hans-Gerd liegt in einer Landschaft, die Dehesa genannt wird. Das ist eine Hügellandschaft, in der Steineichen, Korkeichen, portugiesische Eichen und wilde Olivenbäume wachsen. Das ist sozusagen eine Zwischenstufe zwischen Wald und Steppe und der Erhalt ist wichtig, um eine weitere Versteppung der Landschaft aufzuhalten. Das ist genau die Landschaft im Südwesten Spaniens, in der die schwarzen Schweine gehalten werden, die den aromatischen Ibericoschinken liefern. Mehr über die Dehesa auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Dehesa
Wir wurden wirklich sehr, sehr herzlich empfangen und aufgenommen. Das begann schon beim Treffen in Santa O. Um zur Finca zu gelangen, folgten wir mit unserem über 7m langen, nicht gerade geländegängigen Wohnmobil deren Geländewagen mehrere Kilometer über staubige Feldwege in die Landschaft der Dehesa. Eine herausfordernde Strecke mit Geröll, Gefälle, Schlaglöchern und in den Weg ragenden Ästen. Als wir es nach den 9 Tagen wieder wohlbehalten auf die Asphaltstraße zurück geschafft haben, waren wir schon froh…




Auf dem über 700 Hektar großen Gelände der Finca laufen Rinder, Esel und Pferde frei herum. Die Rinder liegen auch gerne neben oder auf dem Fahrweg und man muss vorsichtig sein, da sie gerade viele kleine Kälber dabei hatten und die Mütter dann ziemlich empfindlich sind. Die Kühe hier haben sehr stattliche Hörner…


Auf der Finca leben geschätzt 150 bis 200 Schafe, die von mehreren Herdenschutzhunden bewacht werden, da sollte man auch nicht zu nahe kommen. Während unseres Besuches kam Mastiff-Welpe Valentin dazu (geboren am 14. Februar, Valentinstag!). Er wird nach wenigen Tagen mit den anderen Welpen zu den Schafen gelassen und wächst dann unter den Schafen auf, die er als seine Familie akzeptiert und dann beschützt.
Und hier kann man die schwarzen Schweine in Natura sehen. Ernestine spricht von „Olivenöl auf vier Beinen“. Die Schweine haben hier Freilauf und können spielen und ein schweinegerechtes Leben führen. Die letzten Monate vor der Schlachtung fressen sie nur Eicheln, das ihrem Fleisch den unverkennbaren Geschmack gibt. Dieses Fleisch enthält Öle aus den Eicheln und hat ebensolche gesundheitlich positiven Auswirkungen wie das Olivenöl.




Besonders ins Herz geschlossen haben wir die drei Hunde Bibi, Tina und Fritz, mit denen wir mehrmals täglich quer über das Gelände wanderten (und den Rindern möglichst auswichen). Der Fritz ist als Streuner auf die Finca gekommen und er hat seinen eigenen Kopf und kommt oft erst später alleine wieder zurück. Die Freiheit der Tiere auf diesem riesigen Gelände ist herrlich!


Die Abifeier 2020 war ausgefallen. Ich freute mich auf den Besuch bei Ernestine, denn das letzte Mal, als wir uns getroffen haben, hatten wir uns gut verstanden. Das ist mittlerweile 15 Jahre her. Ernestine war schon zu Abi-Zeiten eine derjenigen im Jahrgang, die bestens vernetzt war. Das ist heute noch so.
Ich habe gehört, wer aus der Abizeit vor kurzem verstorben oder krank geworden ist oder sonstige Schicksalsschläge erlebt hat. Es macht uns demütig und dankbar dafür, dass wir ein Leben führen können, das unserem Innersten entspricht. Gesundheitliche Symptome relativieren sich erheblich, wenn wir so etwas hören. Letzten Endes bleibt ganz viel Dankbarkeit. Nach den vielen Gesprächen fühle ich mich Ernestine und meinen früheren Schulkameraden wieder verbundener. Außerdem bin ich jetzt in einer WhatsApp-Gruppe und sollte mehr mitbekommen.

Auch mit Hans-Gerd, ihrem Partner, konnten wir uns sehr gut unterhalten. Er wird im Juni 96 Jahre alt. Als ehemaliger Siemens -Manager war er weltweit unterwegs und lebte auch viele Jahre im Ausland. Er war mit dabei, wenn Politiker „mit Wirtschaftsdelegation“ nach z.B. China oder Russland reisten und er war der deutsche Botschafter auf der Expo in Sevilla 1992. Es hat Spaß gemacht, sich mit ihm zu unterhalten, denn er hat auch sehr viel spannendes zu erzählen!
Mit Ernestine zusammen hatte er sich vor über 30 Jahren entschieden, etwas für den Erhalt der Natur zu tun und die Stiftung „Fundacion Monte Mediterraneo“ gegründet. (->www.fundacionmontemediterraneo.com) Auf der Webseite sieht man, was für spannende Projekte dort laufen!


Viele gemeinsame Mahlzeiten saßen wir beisammen und erfuhren von Freuden und Nöten eines ökologisch-landwirtschaftlich geführten Betriebes. Naturnahes Leben mit Tieren und viel Weite. Es ist sehr schön hier. Wir bewunderten zwei stattliche Eichbäume, die über 300 und über 500 Jahre alt sind.
Ein aktuell sehr großes Problem ist aber die Trockenheit. Schon im Herbst fiel zu wenig Regen. Das macht der Natur zu schaffen. Es wirkt sich auch auf die Korkernte aus. Und geplante Workshops können nicht stattfinden, da zu wenig Wasser da ist. Verzweifelte Tierhalter rufen bei der Stiftung an und fragen um Hilfe…
Die Welt kommt hierher, denn es gibt ein Schulungszentrum für Menschen, die in ökologischer Vieh- und Weidehaltung ausgebildet werden. Ferner gibt es zwei Ferienhäuser aus Naturstein. Hier mieten sich Menschen ein, die diese Umgebung schätzen und vielleicht Fotografen und Hobbyornithologen sind.
Aus unserem geplanten Kurzbesuch werden 9 Tage. Wir reihen uns ein in das Leben auf der Finca. Ich habe noch mehrmals gebacken (Brot, Kuchen, Buchteln) und einen Tag haben wir das Haus gehütet. Man war glatt in einer ganz anderen Welt.
Schön war’s. Und doch geht es jetzt mit dem Wohnmobil weiter.

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