Nach dem Besuch von Campus Galli entscheiden wir uns, nach Ravensburg weiterzufahren. Die Stadt hat knapp 50.000 Einwohner, liegt auf 450 m Höhe und ist Luftlinie nur noch weniger als 20 km vom Bodensee entfernt. Wegen der zahlreichen, gut erhaltenen mittelalterlichen Türme wird es auch das „schwäbische Nürnberg“ genannt. Dank strategischer Bedeutungslosigkeit blieb die Stadt im 2. Weltkrieg von Luftangriffen weitgehend verschont und somit die Altstadt gut erhalten.

Vom Womo-Stellplatz aus lässt sich alles prima zu Fuß erreichen. Am Samstag Vormittag können wir dort noch schön bummeln, denn der Regen fängt erst am Nachmittag an. Die Altstadt ist sehr schön – aber jetzt am Samstag brechend voll. Fast so schlimm wie samstags in Lüneburg… Der große Wochenmarkt zieht sich durch fast die ganze Altstadt mit sehr interessanten Ständen. An vielen Ständen muss man ziemlich lange anstehen, was sicherlich für die Beliebtheit der Stände spricht. Wir kaufen ein für ein sehr leckeres Abendessen im Womo: handgemachte Klöße mit Reh-Gulasch und Sauerkraut. Lecker!

Am Sonntag nutzen wir eine Regenpause um trocken zum Museum zu kommen. Das Humpis-Quartier gilt als eines der besterhaltenen spätmittelalterlichen Wohnquartiere in Süddeutschland. Sieben Gebäude, die um einen Innenhof gruppiert sind, in dem man bei Ausgrabungen Gebäudereste aus der Zeit von 1050 gefunden hat. Das Museum nimmt einen mit durch die Zeit und verschiedene Lebenswelten: ein Lederhandwerker, der um 1100 hier gelebt hat, dann die bekannte namensgebende Patrizier-Familie Humpis im 15. Jahrhundert. Zwei Gerber-Brüder aus dem paritätischen Ravensburg im 18. Jahrhundert und ein Gastwirt im 19. Jahrhundert. Alle haben in diesem Viertel gelebt und gewirkt. Toll gemacht!

Von den Fuggern hat man ja schon mal etwas gehört, aber vor denen gab es schon die Große Ravensburger Handelsgesellschaft, gegründet 1380 und aufgelöst 1530. Sie war eines der bedeutendsten europäischen Handelsunternehmen des Spätmittelalters mit Niederlassungen in Spanien, Frankreich, Italien und Osteuropa. Anordnungen aus der Ravensburger Zentrale an z.B. die Niederlassung in Valencia brauchten damals über 40 Tage, um dort anzukommen. Gründer und bedeutendste Mitglieder der Gesellschaft waren die Humpis…

In einem kleinen Raum gab es auch noch eine Sonderausstellung zu den Schwabenkindern. Kinder von armen Bauernfamilien aus Bergdörfern der Schweiz und Österreich zogen im Frühjahr durch die Alpen zu den Kindermärkten in Oberschwaben um dort als Saison-Arbeitskräfte im Wesentlichen an Bauern vermittelt zu werden. Die Kinder waren zwischen 5 und 14 Jahre alt und die Wege lang und beschwerlich. In ihrer Heimat waren die Kinder von der Schulpflicht befreit und im Königreich Württemberg galt die dort seit 1836 bestehende Schulpflicht nicht für ausländische Kinder. Dieses „Schwabengehen“ gab es schon im 16. und 17. Jh. und erreichte seinen Höhepunkt im 19. Jh. Mit Ausdehnung der Schulpflicht in Württemberg auch auf ausländische Kinder 1921 nahm das „Schwabengehen“ rapide ab.

Zweieinhalb Stunden waren wir in dem Museum, dann mussten wir erstmal etwas essen. Ich ging anschliessend noch in das Museum der Spiele-Firma Ravensburger. Viele alte Klassiker aus den Anfangsjahren wie „memory“, „Fang den Hut“ und „Malefiz“. Das erste Spiel des Jahres wurde 1979 „Hase und Igel“ von Ravensburger. Auch „Sagaland“, „Scotland Yard“ und „Heimlich & Co“ sind ältere Ravensburger Spiele, die die begehrte Auszeichnung erhielten. Gezeigt wurden auch neuere Entwicklungen wie die Kugelbahn „Gravitrax“ oder die Versuche, Elektronik in die Brettspiele mit einzubringen. Aber insgesamt hatte ich mir mehr von dem Museum versprochen. Immerhin habe ich im Museumsshop noch das kleine Würfelspiel „Brilliant“ fürs Womo eworben.

Monika stieg derweil noch die vielen Treppen hoch bis zur Veitsburg und genoss die schöne Aussicht von dort (Titelfoto).

Ravensburg war insgesamt sehr spannend und hat uns gut gefallen. Aber das Wetter ist uns irgendwie zu kühl und zu nass hier und so machen wir uns weiter auf den Weg in den Süden…


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